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„Go out and play“ 

Was können meine Kinder präventiv gegen Kurzsichtigkeit machen? Es ist davon auszugehen, dass die Corona-Pandemie, neben vielen weiteren anderen Nachwirkungen, auch dem Auftreten der Kurzsichtigkeit – in der Fachsprache Myopie genannt – Auftrieb verliehen hat.

„Go out and play“

Eine Studie der medizinischen Universität Tianjin (China) konnte belegen, dass unter den untersuchten Schulkindern die Prävalenz von Myopie im Jahr 2020 um das 1,4 – 3fache, im Vergleich zu den 5 Jahren davor, gestiegen ist.

Aber auch bereits vor der Pandemie war ein globaler Trend nach oben zu erkennen. Es ist davon auszugehen, dass im Jahr 2050 50% der Weltbevölkerung kurzsichtig sein werden – dies entspricht einer Verdopplung innerhalb von 50 Jahren.

 

Ursachen von Myopie

Neben einer genetischen Komponente, das Risiko von Kindern myoper Eltern selber eine Kurzsichtigkeit zu entwickeln, ist um das 3fache höher im Vergleich zu Kindern nicht-myoper Eltern, beeinflußen auch Umweltfaktoren die Entstehung und Entwicklung einer Myopie. Unser Auge ist  evolutionär nicht darauf ausgelegt bei künstlicher Beleuchtung und in Innenräumen im Dauergebrauch zu funktionieren. Genau so gestalten sich jedoch heutzutage überwiegend unsere Arbeitsbedingungen, auch in der Freizeit wenden wir uns zudem vermehrt eher den digitalen Räumen als der Outdoor-Umgebung zu. Gleiches gilt auch bereits für unsere Kinder. Die Nutzung von Handy, Tablet, PC und Spielekonsolen ist für viele alltäglich. So „arbeiten“ die Augen der Kleinsten bereits in Schule und Freizeit zu einem Großteil im Nahbereich und unter künstlicher Beleuchtung.

Fehlende Zeit an der frischen Luft und fehlendes Tageslicht sind jedoch nachweislich eine der Ursachen für das Auftreten einer Myopie im Kindesalter. Tageslicht fördert die Ausschüttung von Dopamin in der Netzhaut des Auges, welches wiederum Augenlängenwachstum und damit das Entstehen von Kurzsichtigkeit verhindert.

Auch langes und ausdauerndes Lesen in der Wachstumsphase bzw. der ausdauernde Blick in die Nähe sollen das Längenwachstum der Augen fördern. Auf diesem Wege versucht das Auge sich den Sehbedingungen im Nahbereich anzupassen.

Besonders Kinder im Vorschulalter, welche eine sogenannte Prä-Myopie zwischen -0,50 dpt bis +0,75dpt, aufweisen, haben ein deutlich erhöhtes Risiko im weiteren Verlauf des Lebens eine Myopie zu entwickeln.

Ein weiterer Risikofaktor für das Eintreten einer Myopie stellt die ethnische Abstammung dar – besonders Menschen aus dem asiatischen Raum sind hier betroffen.

 

Myopie – Folgen

Prinzipiell ist das Auftreten einer Myopie nicht gefährlich. Jedoch begünstigt eine hohe Myopie das Auftreten von Netzhautdegenerationen und – ablösungen, das Entstehen eines grünen Stars oder auch in seltenen Fällen die Entwicklung einer Makuladegeneration sowie die Neubildung instabiler Blutgefäße. Es drohen irreparable Auswirkungen auf das Sehvermögen.

 

Prävention – gesunde Gewohnheiten entwickeln

  • Ausreichend Zeit im Freien verbringen und aktiv sein

„Go out and play“: Kind bei Spielen auf Klettergerüst

Kinder sollten mindestens zwei Stunden am Tag im Freien verbringen. Je eher diese Maßnahme umgesetzt wird, je jünger also die Kinder sind, umso eher kann das Auftreten einer Kurzsichtigkeit verhindert werden. Mindestens 60 Minuten der im freien verbrachten Zeit sollten außerdem aktiv gestaltet werden. 60 Minuten Bewegung bzw. mindestens 12 000 Schritte sollten am Tag zurückgelegt werden.

  • Ausreichend Pausen einlegen

Auch wenn das ausdauernde Lesen bzw. Naharbeiten wie malen, puzzeln etc. im Verdacht stehen eine Myopisierung hervorzurufen, muss dies nicht bedeuten, dass Kinder diesen Tätigkeiten in der Nähe nicht nachgehen dürfen. Hier ist wichtig, dass ausreichend Pausen eingelegt werden und mit dem Blick in die Ferne zur Entspannung der Augen beigetragen werden kann. Die 20-20-20-Regel besagt, dass nach einem Zeitraum von 20 Minuten für eine Zeitspanne von 20 Sekunden in eine Entfernung von 20m geschaut werden soll.

  • Bildschirmzeiten

Kind bei Lesen am Tablet

Arbeiten bzw. nutzen Kinder Handy, Tablet oder andere Bildschirmformen wird eine zehnminütige Bildschirmpause pro Stunde empfohlen. Im Allgemeinen gestalten sich die Empfehlungen für die am Bildschirm verbrachte Zeit wie folgt:

  • Alter 0 – 18 Monate: keine Bildschirmzeit
  • Alter 18 – 24 Monate: nur unter Beaufsichtigung der Eltern/Erziehungsberechtigten zu pädagogischen, lehrreichen Zwecken
  • Alter 2 -5 Jahre: maximal 1 Stunde pro Wochentag, bis zu maximal je 3 Stunden an Samstagen und Sonntagen
  • Alter 6 und höher: angestrebt werden sollten nicht mehr als 2 Stunden Bildschirm am Tag – es empfiehlt sich ab diesem Alter zusammen mit dem Kind einen verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien zu erarbeiten und genügend Zeit für Outdooraktivitäten und auch Schlaf einzuplanen

 

Kinder sollten zudem NICHT mit Handy, Tablet etc. ins Bett gehen – eine Stunde vor dem zu Bett gehen sollten digitale Geräte nicht mehr genutzt werden.

 

Prävention Myopieprogression

Kind beim Augenarzt

Wird bereits im frühen Kindesalter eine Myopie diagnostiziert, können pharmazeutische und optische Maßnahmen, neben den oben aufgeführten Gewohnheiten, das Voranschreiten der Kurzsichtigkeit verlangsamen.

  • Pharmazeutische Prävention

Spezielle Augentropfen können unter regelmäßiger augenärztlicher Kontrolle bei richtiger Anwendung (1 Tropfen je Auge vor dem zu Bett gehen) die Progression der Myopie abbremsen.

  • Optische Prävention

Mittels spezieller Brillengläser und Kontaktlinsen kann das Voranschreiten der Kurzsichtigkeit ebenfalls erfolgreich verlangsamt werden:

  • Anpassung von Orthokeratologie-Linsen – diese Art von formstabilen Kontaktlinsen wird über Nacht getragen
  • Auch weiche, multifokale Kontaktlinsen konnten in Studien die weitere Entwicklung der Kurzsichtigkeit abmildern
  • Brillengläser, die ein spezielles Glasdesign aufweisen, können ebenfalls die weitere Entwicklung einer Kurzsichtigkeit eindämmen – aktuell in Deutschland zugelassene Brillengläser sind hier die „Miyosmart“-Brillengläser der Firma Hoya sowie die „Stellest“-Brillengläser der Firma Essilor

Es empfiehlt sich, wenn im Rahmen der U-Untersuchungen bis zu diesem Zeitpunkt keine Auffälligkeiten festgestellt wurden, Kinder zwischen dem 30. – 42. Lebensmonat bei einem Augenarzt vorzustellen.